1966 – 1972:
Das Tram-Mittelalter trifft auf die Tram-Neuzeit
Mit der Ablieferung der 126 Gelenktrams des Typs «Mirage» ab 1966 begann in Zürich die eigentliche «Tram-Neuzeit», indem eine ausgeprägte Modernisierung der Fahrzeugflotte begann. Vierachsige Motorwagen mit Anhängewagen waren bis dahin die modernsten Fahrzeuge, die maximale Zuglänge auf 28m (Be 4/4 + B4) oder 38m (Be 4/4 + B4 + B2) begrenzt. Zahlreiche betagte Tramwagen aus den Zwanziger- und Dreissigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden ausrangiert und abgebrochen.
Nicht so auf der Linie 6 zwischen Hauptbahnhof und Kirche Fluntern! Die im oberen Teil eher schwächer ausgelastete Linie musste weiterhin mit den alten Zweiachsmotorwagen Be 2/2 1001-1028 betrieben werden, weil bei der Kirche Fluntern keine Wendeschleife vorhanden war. Nur die alten Wagen hatten beidseitig Führerstände, was das Wenden über eine einfache Weichenverbindung möglich machte. An den Sonntagen, wenn die Linie 6 parallel zur Linie 5 bis zum Zoo verlängert wurde, waren Anhängewagen, die schweren Vierachser «Elefant» sowie die Vierachser der Serien 1351-1415 und 1501-1552 einsetzbar.
7. Juli 1972:
Die in den Jahren 1928/29 gebauten Quersitz-Motorwagen Be 2/2 1001-1028 wurden von der Zürcher Stadtbevölkerung liebevoll
«de alt Sächser»
«s’Sächsitram»
genannt. Doch am 7. Juli 1972 war es soweit: die Wendeschlaufe bei der Kirche Fluntern war fertiggebaut und konnte mit einem Volksfest eingeweiht werden. Dies besiegelte auch das Ende des Einsatzes der alten Zweiachser. Ein letztes Mal verkehrten diese auf der steilen Berglinie, einige davon wurden extra bunt bemalt, um den rührigen Abschied zu unterstreichen. Dies ist auch die Geburtsstunde des «Goldtimers», der für Stadtrundfahrten noch zwei weitere Jahrzehnte überlebte.
Die «Aktion Pro Sächsitram» entsteht
Einige Schüler bedauerten es sehr, dass ein wichtiges Stück der Zürcher Verkehrsgeschichte nun sang- und klanglos verschwinden sollte. Sie taten sich zur «Aktion Pro Sächsitram» zusammen und versuchten die VBZ zu überzeugen, dass einige Sächsitramwagen überleben und dass regelmässig historische Sächsitram-Fahrten angeboten werden sollten. So verkehrte an mehreren Sonntagen im Juli 1973 ein altes Sächsitram auf der Linie 6, was aber nur wenig Anklang fand. Einerseits war Sommerferienflaute, andererseits hätten mehrere Fahrzeuge gleichzeitig verkehren sollen. Zwar wurden zwischen 1976 und 1981 einzelne solche Betriebstage ermöglicht, aber die Unterstützung durch die VBZ und den Verein Tram-Museum fehlte.
Endlich erhielten die Sächsitramfreunde am 11. März 1983 die Gelegenheit, mit dem damaligen VBZ-Direktor R.A. Künzle ein Gespräch über die Erhaltung von Sächsitramwagen und die Durchführung öffentlicher Nastalgiefahrten zu führen. Dieses wurde jedoch überschattet von der Tatsache, dass die VBZ zwei Tage vor dem Gespräch den Wagen Be 2/2 1020 beseitigen liess. Die Vereinsgründung wurde daher umso wichtiger:
23. Februar 1983: die Vereinsgründung
Ende Februar 1983, also knapp 11 Jahre nach dem letzten linienmässigen Sächsitram-Einsatz, wurde aus der «Aktion Pro Sächsitram» der «Verein Aktion Pro Sächsitram» mit Statuten und Vorstand. Als Gründungspräsident waltete Kurt Oehler.
Nachdem sich die Wogen mit den VBZ geglättet hatten und mit Hilfe des städtischen Ombudsmanns weitere Gespräche ermöglicht wurden, reichte der junge Verein APS ein ausführliches Betriebskonzept ein, welches zum Stadtratsbeschluss vom 23. November 1983 führte. In diesem Beschluss wurde festgehalten, dass drei Züge zu erhalten und für verschiedene Nutzungen zur Vergügung zu stellen waren. Dies betraf einerseits den zwischenzeitlich von der VBZ restaurierten Zug Ce 2/2 1009 +C 679 (Anstrich 30er-Jahre), einen Goldtimer-Zug sowie den noch nicht restaurierten Sächsitramzug Be 2/2 1025 + B 645.
1984: weitere Sächsitramfahrten
An insgesamt 6 Frühjahrs- und Herbstsonntagen im Jahr 1984 fanden weitere Betriebstage statt. Ein Zug verkehrte zulasten des VBZ-Werbebudgets, der zweite Zug musste zu normalen Konditionen gemietet werden, während das Personal in der Freizeit arbeitete. Bei der Endstation Zoo wurden eine Festwirtschaft und ein Souvenirstand betrieben. Der Anlass fand ein grosses Interesse bei der Bevölkerung und bei den Tranfans.
1985: Züspa-Tram statt Sächsitram
Anstelle einer Wiederholung der Sächsitram-Fahrten auf der Linie 6 zwischen HB und Zoo bot die VBZ dem Verein APS an, einen Zubringerdienst an die Zürcher Herbstmesse ZÜSPA durchzuführen. Der Verein nahm das Angebot gerne an, und so entstand das Züspa-Tram, das wir in der Folge 27 Jahre ohne Unterbruch weiter betrieben haben.
Ab 1986 gab es sowohl die Sächsitramfahrten zum Zoo als auch das Züspa-Tram. In den ersten Jahren kam es sogar vor, dass beide Anlässe auf den gleichen Sonntag fielen, so dass bis zu 5 Züge gleichzeitig unterwegs waren!
Der Patenzug Be 2/2 1025 + B 645
Der Tramzug aus Motorwagen Be 2/2 1025 und Anhängewagen B2 645 war noch der letzte, der einem richtigen «Sächsitram» mit den folgenden Merkmalen entsprach:
– Seitenwandverblechung heruntergezogen
– Silberlöwen-Logo
– normaler Scherenpantograph
Die APS übernahm für diesen Zug eine Patenschaft und sammelte Geld für eine eingehende Revision, um den Weiterbestand des Zuges für die nächsten Jahrzehnte zu garantieren. Die vorhandenen Geldmittel hätten jedoch nie ausgereicht, um eine solche Revision vollständig zu bezahlen, derweil sich der Zustand des Zugs laufend verschlechterte.
Der «neue» Patenzug: Be 2/2 1019 + B2 629
Das Unglück der Bahnfreunde Rhein-Neckar-Pfalz e.V. war das Glück für den Verein APS: der halb restaurierte Zug verlor seine Beibe im deutschen Viernheim verlassen und war zum Verkauf ausgeschrieben. Nachdem eine APS-Delegation den Zug begutachtet hatte, erfolgte der Kauf zum Preis von CHF 40’000 und der Transport nach Zürich, wo die VBZ die Restaurierung fertigstellte.
Halb restauriert präsentierte sich der Be 2/2 1019 am 5.5. 1990 in Viernheim (D), als die APS-Delegation den Zug besichtigte.
Der dazugehörige Anhänger 629, einst für die Strassenbahn Zürich-Oerlikon-Seebach gebaut, war am 5.5.1990 bereits im historischen VBZ-Anstrich der Dreissigerjahre. In der VBZ-Zentralwerkstatt erhielt der Wagen den richtigen Sächsitram-Anstrich und das Silberlöwenlogo.
Einweihung des neuen Patenzugs
Am 15.8.1991 war es soweit: der fertige neue Patenzug konnte der Presse vorgeführt werden und zur Jungfernfahrt starten. Liebevoll hatten die Mitarbeiter der VBZ-Zentralwerkstatt einen schönen Museumszug hergerichet. Gemäss den offiziellen Angaben durch die VBZ wurde ein Betrag in der Höhe von rund CHF 100’000 seitens VBZ investiert.
2008: der Verein feiert sein 25-jähriges Bestehen
Am 17. August 2008 feierte der Verein seinen 25. Geburtstag. Der Weg durch Hochs und Tiefs während eines Vierteljahrhunderts hat sich auf jeden Fall gelohnt, gehören doch die nostalgischen Fahrten der APS mittlerweile zum touristisch-kulturellen Angebot der Stadt Zürich. Mit Blumen geschmückt beförderte der Patenzug Be 2/2 1019 + B2 629 die Feiernden durch den schönen Tag:
2015: nun kommt auch noch ein Oldtimerbus dazu!
Anlässlich der Frühjahrsbetriebstage 2015 schlossen wir versuchsweise die Lücke zwischen der Tramendstation Zoo und dem Zoo-Eingang mit einem historischen VBZ-Bus, der sich in Privatbesitz befindet. Der nostalgische Saurer-Schnauzenbus pendelte zwischen Dolderparkplatz und dem Zooeingang und machte in beiden Richtungen Anschluss an das nostalgische Sächsitram.
In den Jahren 2017 und 2018 wurde dieses Angebot nun mit dem VBZ-eigenen Saurer-Bus Nr. 9 wiederum angeboten.
2018: Der Patenzug braucht eine Revision
Zu Beginn des Jahres 2017 mussten die Verkehrsbetriebe den Motorwagen Be 2/2 1019, also das originale Sächsitram und Patenzug der Aktion Pro Sächsitram, wegen diverser Schäden stilllegen. Der Verein Aktion Pro Sächsitram nahm mit den VBZ umgehend Kontakt auf, und so einigten sich beide Parteien, die beide gleichermassen Interesse an der Wiederinbetriebnahme des Motorwagens haben, dass im Jahr 2018 eine umfassende Revision stattfindet. Diese wird finanziell massgeblich durch den Verein unterstützt.